Neues Qualitätsmanagement für Medizinprodukte: Mit der ISO 13485:2016 kommt die Produktentwicklung auf den Prüfstand

20.02.2017 | Dr. Bernhard Weber
Weber

Dr. Bernhard Weber
Associate Director Quality Management

Seit letztem Jahr liegt die neue Norm für das Qualitätsmanagement von Medizinprodukten vor. ISO 13485:2016 heißt diese nun und wird die bisher noch geltende ISO 13485:2003 ersetzten. Nach aktuellen Vorgaben der DAkkS müssen bis September 2019 alle ISO 13485-Zertifikate auf die neue Norm umgestellt sein. Damit einhergehend müssen auch die Qualitätsmanagementsysteme selbst angepasst werden. In diesem Beitrag sehen wir uns zunächst die neue Gestaltung der Produktentwicklung im Detail an.

Das Kapitel „7.3 Produktentwicklung“ war bereits in der aktuell noch anwendbaren 2003-Version der ISO 13485 enthalten. Dieses Kapitel hat jedoch die umfangreichste Überarbeitung erfahren. Aus bisher sieben wurden neu zehn Unterkapitel und alle bestehenden Vorgaben wurden erweitert und präzisiert. Hintergrund dieser deutlichen Überarbeitung ist die mit der Neufassung der Norm verbundene Zielsetzung, ein global einheitliches Qualitätsmanagement für Medizinprodukte zu implementieren. Hierzu war es erforderlich, die FDA-Vorgaben für den US-Bereich in der Norm zu verankern. Die neuen Vorgaben decken daher jetzt auch die Anforderungen nach 21 CFR Part 820 ab. Wer bereits nach FDA-Standard arbeitet wird mit der neuen Norm keine Probleme haben. Für alle Anderen gibt es nun mehr Arbeit, die gekennzeichnet ist durch:

  • Mehr Steuerung
  • Mehr Dokumentation
  • Mehr Details
     

Mehr Steuerung

Als neues Unterkapitel wurde zur Übersichtlichkeit ein Kapitel „7.3.1 Allgemeines“ zu Beginn eingefügt. Die nachfolgenden Unterkapitel sind nun in der Nummerierung eine Ziffer höher, so gibt es jetzt das Kapitel „7.3.2 Entwicklungsplanung“. Erweitert wurden hier die Vorgaben um die Festlegung von Ressourcen und Kompetenzen von Personal sowie die Sicherstellung der Rückführbarkeit von Entwicklungsergebnissen auf die Entwicklungseingaben. Letzteres findet sich dann analog erweitert auch in den entsprechenden Kapiteln „7.3.3 Entwicklungseingaben“ und „7.3.4 Entwicklungsergebnisse“. Zudem wird ein Genehmigungsprozess jetzt konkret vorgeschrieben. Genauere Vorgaben zu Planungs-, Bewertungs- und Genehmigungsschritten enthalten auch alle weiteren Kapitel. Die Unterkapitel „7.3.8 Übertragung der Entwicklung“ und „7.3.10 Entwicklungsakte“ sind mit zusätzlichen Vorgaben ohnehin neu dazugekommen.

Entwicklung zu planen und zu lenken war auch bisher Anforderung der Norm. In der Gestaltung war man recht frei. Jetzt vorliegende, zum Teil sehr konkrete Vorgaben erfordern fast folgerichtig eine genauere Strukturierung und Steuerung des Entwicklungsprozesses. Welcher Handlungsbedarf für Hersteller besteht hängt natürlich auch von bereits bestehenden Strukturen ab. Eine maßgeschneiderte Aktualisierung des Produktentwicklungsprozesses wird hier sicher in den meisten Fällen der richtige Weg sein.

Mehr Dokumentation

Ersetze „festlegen“ durch „dokumentieren“: Diese Änderung findet sich in vielen Kapiteln der neuen Norm. Was das bedeutet ist klar: „Festlegen“ war interpretierbar, „Dokumentieren“ erfordert eindeutig ein schriftliches Dokument, auf Papier oder elektronisch. Dabei gibt es Anforderungen an zu dokumentierende Verfahren (Vorgabedokumente) und an zu dokumentierende Aufzeichnungen (Nachweisdokumente). Alle Dokumente oder Verweise auf diese Dokumente ergeben zusammen schließlich die neue geforderte Entwicklungsakte. Diese Akte wird dann der Nachweis der Konformität mit den Anforderungen an die Entwicklungsvorgaben sein. Sie wird auch Nachweise über Entwicklungsänderungen enthalten müssen.

Zusätzliche Dokumentationsanforderungen zu erfüllen wird zunächst Aufgabe des Qualitätsmanagements sein, das die Implementierung entsprechender Verfahren anstoßen muss. Die Zuarbeit aller relevanten Fachgebiete für die Produktentwicklung muss dann folgen. Das kann durchaus zeitintensiv sein. Angesichts des vorgegebenen Zeitrahmens der Re-Zertifizierung bis September 2019 macht es Sinn jetzt schon in die Umsetzung einzusteigen.

Mehr Details

Die neue Norm wird an vielen Stellen jetzt sehr viel konkreter und gibt zum Teil sehr präzise Vorgaben für klassische QM-Tätigkeiten wie planen, bewerten, genehmigen.

Für Entwicklungsänderungen zum Beispiel gab es auch bisher schon Anforderungen, diese zu bewerten und zu genehmigen. Neu hinzugekommen ist jetzt, dass konkret die Bedeutung der Änderung auf die Funktion, Leistung, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit und anwendbare regulatorische Anforderungen für das Medizinprodukt und seinen bestimmungsgemäßen Gebrauch zu bestimmen ist. Der Eindruck, dass damit nun Change Control seinen Einzug in die Produktentwicklung erhält, hat durchaus seine Berechtigung.

Aber auch bisher gar nicht betrachtete Aspekte erhalten jetzt Anforderungen. So werden erstmals im Unterkapitel „7.3.8 Übertragung der Entwicklung“ Verfahren für die Überführung der Entwicklungsergebnisse in die Produktion gefordert. Und auch hier sind Ergebnisse und Schlussfolgerungen zu dokumentieren.

Alle Details aufzuführen würde den Rahmen eines Blogbeitrages sprengen. Es sollte aber ersichtlich sein, dass für alle Medizinproduktehersteller die Beschäftigung mit den kleinen und großen Änderungen der neuen Norm eine Pflichtaufgabe ist.

Wenig Zeit

September 2019 scheint noch in der Ferne zu liegen. Produktentwicklungen können jedoch durchaus mehrere Jahre dauern. Mit Umsetzung der neuen Vorgaben werden dann auch entsprechende Entwicklungsakten vorzulegen sein. Wer heute noch große Lücken in der Dokumentation aufweist, ist gut beraten, bereits bei aktuell anstehenden Entwicklungen die zukünftigen Anforderungen zu berücksichtigen und, wo erforderlich, in den Change-Prozess einzusteigen.

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